Wülzburg-Kapelle St. Nikolaus
Noch immer gibt es im Nordosten Weißenburgs auf rund 630 Höhenmetern eine nach der dortigen Festung benannte eigenständige evangelische Kirchengemeinde mit inzwischen nur noch knapp 20 Mitgliedern und einem gewählten Kirchenvorstand. Die Gottesdienste finden hier zwar nicht jeden Sonntag, aber dennoch in der Regel 14-tägig sonntags um 10.15 Uhr in der St. Nikolauskapelle statt, die in den Festungstrakt integriert und über den Innenhof der imposanten Burganlage erreichbar ist.
Neben den Zitadellen in Jülich und Spandau ist die Wülzburg bis heute eine der drei eng verwandten Wehrfestungen der Renaissance im gesamten deutschsprachigen Raum. Der Grundriss der Wülzburg entspricht einem nahezu gleichförmigen Fünfeck, ein sogenanntes Pentagon. Dieses hatte gegenüber den früheren quadratischen oder rechteckigen Anlagen vor allem ballistische und damit strategische Vorteile, weshalb man auch im ausgehenden 16. Jahrhundert jenem schon damals eigenwilligen Planschema den Vorzug gab.
Anfänglich als Benediktinerkloster genutzt, wurde die Anlage im Jahr 1588 rasch in eine militärische Festung umgewandelt. Von der damaligen Bededektinerabtei zeugt einzig und allein das historisch und künstlerisch bedeutenste Stück der heutigen Kirchenausstattung: Ein spätgotisches Epitaph zu Ehren des Wülzburger Abtes Wilhelm (1419-49) aus rotem Marmor östlich vom Kapelleneingang. Da auf dem Stein selbst das genaue Sterbedatum nicht erscheint, hat besagter Abt den Grabstein sehr wahrscheinlich noch zu Lebzeiten anfertigen lassen. Schon im Dreißigjährigen Krieg fiel die Festung dann kampflos an die kaiserlichen Truppen und gelangte erst 1649 wieder an Brandenburg-Ansbach zurück. Vom 17. bis 19. Jahrhundert diente die Festung zuallererst als Staatsgefängnis und sie wurde zudem im Ersten Weltkrieg als Kriegsgefangenenlager genutzt. Im Jahr 1918 war hier sogar der spätere französische Staatspräsident Charles de Gaulle bis zum Kriegsende im November 1918 inhaftiert. Eine namentliche Erinnerungstafel findet man dazu im Inneren des Torgangs. Außerdem wurde im Juni 1929 auf der Wülzburg das erste Schullandheim Bayerns eröffnet.
Während des Zweiten Weltkrieges war die Wülzburg ein gefürchtetes Internierungslager, wovon bis heute eher im Verborgenen der so genannte Russische Friedhof Zeugnis gibt. Neben zahlreichen Gräbern von Handelsmatrosen ist dort auch das Grab des Prager Komponisten Erwin Schulhoff zu finden. 1968 erhielt schließlich die Wülzburg als vorzüglich erhaltene Renaissancefestung den Rang eines National bedeutenden Baudenkmals zuerkannt.
Die Wülzburger Schlosskapelle St. Nikolaus bietet etwa 180 Besuchern Platz und wird bis heute für Gemeindegottesdienste am Sonntag, Taufen und kirchliche Trauungen genutzt. Im Innenhof der Wülzburg fand bis vor kurzem noch regelmäßig einmal im Jahr meist Anfang Juli unter freiem Himmel ein besonderer Tauferinnerungsgottesdienst statt, in der ausgehenden Adventszeit hat dort stets ein von bunten Posaunenchorklängen und heißem Punsch umrahmter 30-minütiger ökumenisch gestalteter Burgadvent seinen passenden Ort. Die Kapelle selbst verfügt über eine eigene Orgel (Bild links) aus dem frühen 18. Jahrhundert mit dem gekrönten markgräflichen Wappen über dem Orgelprospekt. Ein barocker Taufstein hat dort ebenso seinen Platz wie ein aus dem Jahre 1723 stammendes Vortragekreuz im hinteren Bereich der Kanzel sowie ein Lutherbild von 1732 an der Südfassade. Dominiert wird der Kirchenraum jedoch von einem 1738 geschaffenen sogenannten Kanzelaltar (Bild oben), der unübersehbar protestantische Theologie zum Ausdruck bringt. Hier soll stets beides geschehen: der Altar als Ort der Anbetung Gottes und darüber gleichzeitig die Kanzel, von der aus hoffentlich oft genug mit Freude und voller Begeisterung das Wort unseres menschenfreundlichen Gottes als Frohe Botschaft zu den Menschen kommt.